Der barmherzige Samariter

Von Peter Amsterdam – Als Referenz wurden Bücher von Kenneth E. Baily in diesem Artikel verwendet.

Viele von uns sind mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter in Lukas 10,25-37 vertraut. Da wir jedoch in Kulturen leben, die sich sehr von der Kultur Palästinas im ersten Jahrhundert unterscheiden, gibt es Aspekte der Geschichte, die uns tatsächlich fremd sind. Wenn wir dieses Gleichnis hören oder lesen, schockiert es uns nicht unbedingt und setzt sich nicht unbedingt über den Status quo der heutigen Welt hinweg. Doch die Zuhörer des ersten Jahrhunderts, die Jesus im ersten Jahrhundert dieses Gleichnis erzählen hörten, waren darüber höchst wahrscheinlich sehr erstaunt. Diese Botschaft widersprach ihren Erwartungen und stellte ihre kulturellen Grenzen in Frage.

Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter beinhaltet verschiedene Charaktere. Lasst uns einen Blick auf die Personen in der Reihenfolge ihres Erscheinens werfen.

Das Gleichnis sagt uns sehr wenig über die erste Person, den Mann, der verprügelt und ausgeraubt wurde, aber es liefert uns eine Tatsache, die für die Geschichte entscheidend ist. Er wurde seiner Kleider beraubt und war halb tot. Er lag am Boden, zusammengeschlagen und bewusstlos. (Lukas 10,30)

Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die Menschen im ersten Jahrhundert anhand des Kleidungsstils, den sie trugen und ihrer Sprache oder ihres Akzents leicht zu identifizieren waren. Da der zusammengeschlagene Mann keine Kleidung mehr hatte, war es unmöglich, seine Nationalität zu erkennen. Dass er bewusstlos war und nicht sprechen konnte, machte es zudem unmöglich herauszufinden, wer er war oder woher er stammte.

Die zweite Person in der Geschichte ist der Priester. Jüdische Priester in Israel waren der Klerus, der innerhalb des Tempels in Jerusalem jeweils eine Woche lang, während eines Zeitraums von vierundzwanzig Wochen diente. Es gibt in dieser Geschichte keine Einzelheiten über den Priester, aber diejenigen, die Jesu Gleichnis hörten, nahmen höchstwahrscheinlich an, dass er nach seiner Woche des Dienstes im Tempel in sein Haus in Jericho zurückkehrte.

Die dritte Person in dem Gleichnis ist der Levit. Zwar waren alle Priester Leviten, aber nicht alle Leviten waren Priester. Sie galten als untergeordnete Geistliche, und wie die Priester dienten sie zweimal im Jahr für zwei Wochen.

Der Samariter nun gehörte einem Volk an, die das im Hügelland von Samaria zwischen Galiläa im Norden und Judäa im Süden lebten. Sie glaubten an die ersten fünf Bücher des Mose, glaubten aber, dass Gott anstelle von Jerusalem den Berg Garizim als Ort der Anbetung bestimmt hatte.

128 v. Chr. wurde der Tempel der Samariter auf dem Berg Garizim von der jüdischen Armee zerstört. Zwischen 6 und 7 n. Chr. legten einige Samariter Menschenknochen in den jüdischen Tempel und verunreinigten ihn dadurch. (Wieviel Länder haben wir heute, zwischen denen genauso eine Feindschaft herrscht?) Diese beiden Ereignisse spielten eine Rolle in der tiefen Feindseligkeit, die zwischen Juden und Samaritanern bestand und die im Neuen Testament deutlich wurde. In diesem Umfeld kultureller, rassischer und religiöser Feindschaft erzählte Jesus das Gleichnis vom guten Samariter.

Unsere letzte Charakter-Figur ist der Rechtsanwalt. Der Rechtsgelehrte ist zwar nicht Teil des Gleichnisses, aber das Gleichnis wird aufgrund der Fragen, die er Jesus stellt, erzählt. Zu Zeiten des Neuen Testaments war ein Rechtsgelehrter dasselbe, wie ein Schriftgelehrter. Sie waren Spezialisten für religiöses Recht, Interpreten und Lehrer der Gesetze des Mose. Sie untersuchten die schwierigeren und subtileren Fragen des Gesetzes und gaben Stellungnahmen ab. Das Motiv dieses Rechtsgelehrten, Jesus seine Fragen zu stellen, könnte darin bestanden haben, eine Debatte über die Auslegung der Heiligen Schrift zu beginnen. Möglicherweise lag es auch daran, dass er ein geistig Suchender war.

Das Gleichnis

Nun, da wir mit der Besetzung der Charaktere besser vertraut sind, wollen wir uns ansehen, was geschah, als Jesus von einem Rechtsgelehrten folgendes gefragt wurde: „Ein Mann, der sich im Gesetz Moses besonders gut auskannte, stand eines Tages auf, um Jesus mit folgender Frage auf die Probe zu stellen: ‚Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu bekommen?‘“ (Vers 25) Die Frage, wie man das ewige Leben erlangen kann, wurde im ersten Jahrhundert unter jüdischen Gelehrten oft diskutiert, wobei die Betonung auf der Befolgung des Gesetzes als Mittel zur Erlangung des ewigen Lebens lag.

„Jesus erwiderte: ‚Was steht darüber im Gesetz Moses? Was liest du dort?‘ Der Mann antwortete: ‚Du sollst den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit deiner ganzen Kraft und all deinen Gedanken lieben.‘ Und: ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.‘“ (Verse 26-27)

Wie in den Evangelien zu lesen ist, war dies genau das, was Jesus gelehrt hatte, und vielleicht hatte der Rechtsgelehrte Anwalt gehört, wie Jesus diesen Standard, Gott mit allem, was in ihm ist, zu lieben und seinen Nächsten zu lieben, aufrechterhielt. In seinem nächsten Satz möchte der Anwalt wissen, was er zu tun hat, was für Werke, welche Handlungen er ausführen muss, um sich zu rechtfertigen, mit anderen Worten, um das Heil zu ‚verdienen‘. „Der Mann wollte sich rechtfertigen; deshalb fragte er Jesus: ‚Und wer ist mein Nächster?‘“ (Vers 29)

Der Rechtsgelehrte möchte wissen, wen genau er lieben muss. Er weiß, dass zu seinen Nachbarn auch die jüdischen Mitbürger gehören. Aber Nichtjuden wurden nicht als Nachbarn betrachtet, obwohl es in 3.Mose19,34 heißt: „Den Ausländer, der bei euch wohnt, sollt ihr wie einen von euch behandeln und ihr sollt ihn lieben wie euch selbst.“ Die Nachbarn des Rechtsgelehrten wären demnach also wohl jüdische Mitbürger und jeder Fremde, der in seiner eigenen Stadt lebt. Alle anderen sind definitiv keine Nachbarn, insbesondere nicht die verhassten Samariter. Als Antwort auf diese Frage „Wer ist mein Nächster?“ erzählt Jesus dann das Gleichnis.

„Jesus antwortete: ‚Ein Mann ging von Jerusalem hinab nach Jericho, und er fiel unter Räuber, die ihn auszogen, schlugen ihn und gingen weg, wobei sie ihn halbtot zurückließen.‘“ Obwohl es unmöglich war, die Nationalität des Mannes zu bestimmen, hätten die ursprünglichen Zuhörer im Kontext und Ergebnis der Geschichte höchstwahrscheinlich angenommen, dass dieser Mann ein Jude war.

„Zufällig kam ein jüdischer Priester vorbei. Doch als er den Mann dort liegen sah, wechselte er auf die andere Straßenseite und ging vorüber.“  Es ist wahrscheinlich, dass der Priester von einer der Wochen, in denen er im Tempel diente, zurückkehrte. Aufgrund seines Status ist er höchstwahrscheinlich auf einem Esel geritten und hätte den Verletzten nach Jericho transportieren können. Das Problem war, dass er nicht sagen konnte, wer oder welcher Nationalität der Mann war, da er sowohl bewusstlos als auch nackt war. Der Priester war nach dem mosaischen Gesetz verpflichtet, einem Mitjuden zu helfen, aber nicht einem Ausländer. Darüber hinaus wusste der Priester nicht, ob der Mann tot war oder nicht, und nach dem Gesetz würde das Sich-Nähern an oder Berühren eines toten Körpers dazu führen, dass er zeremoniell unrein wäre. Am Ende entschied er sich, an dem Mann vorbeizugehen und auf der anderen Straßenseite zu bleiben, um sicherzugehen, dass er den richtigen Abstand zu ihm hielt.

Das Gleichnis geht weiter: „Dann kam ein Tempeldiener (ein Levit) und sah ihn ebenfalls dort liegen; doch auch er ging auf der anderen Straßenseite vorüber.“ Der Levit tut dasselbe wie der Priester, mit der Entscheidung, nicht zu helfen.

Die dritte Person, die die Szene betritt, ist ein verachteter Samariter, ein Feind. Jesus erzählt von allem, was der Samariter für den Sterbenden tut, Dinge, die der religiöse Priester und der Levit, die beide im Tempel dienen, hätten tun sollen.

„Schließlich näherte sich ein Samariter. Als er den Mann sah, empfand er tiefes Mitleid mit ihm. Er kniete sich neben ihn, behandelte seine Wunden mit Öl und Wein und verband sie. Dann hob er den Mann auf seinen eigenen Esel und brachte ihn zu einem Gasthaus, wo er ihn versorgte.“

Der Samariter hat Mitleid mit dem Verletzten, verbindet seine Wunden, gießt dann Wein zur Desinfektion und Öl für die Heilung auf. Darüber hinaus hebt er den Mann auf sein eigenes Tier und bringt ihn in ein Gasthaus, vermutlich in Jericho. Der Samariter ist derjenige, der getan hat, was weder der Priester noch der Levit tun würde.

Und dann tat er noch mehr. „Am nächsten Tag gab er dem Wirt zwei Denare und bat ihn, gut für den Mann zu sorgen. ‚Sollte das Geld nicht ausreichen‘, sagte er, ‚dann werde ich dir den Rest bezahlen, wenn ich das nächste Mal herkomme.‘“ Zwei Denare entsprachen dem Lohn eines Arbeiters für zwei Tage. Das Versprechen des Samariters, zurückzukehren und alle zusätzlichen Ausgaben zu bezahlen, gewährleistete die Sicherheit und die weitere Versorgung des verletzten Mannes.

Als Jesus die Geschichte beendet hat, fragt er den Rechtsgelehrten: „Wer von den dreien war nun deiner Meinung nach der Nächste für den Mann, der von Räubern überfallen wurde?“, fragte Jesus. Der Mann erwiderte: „Der, der Mitleid hatte und ihm half.“ Jesus antwortete: „Ja. Nun geh und mach es genauso.“

Als der Rechtsgelehrte fragte: „Wer ist mein Nächster?“, wollte er eine kategorische, schwarz-weiße Antwort. Aber die Geschichte Jesu zeigte, dass es keine einfache Liste gibt, die einschränkt, wen man zu lieben hat oder wen man als seinen Nächsten betrachten soll. Jesus definierte „deinen Nächsten“ als diejenigen in Not, die Gott über deinen Weg bringt.

Durch dieses Gleichnis machte Jesus deutlich, dass sein Nächster – unser Nächster – jeder in Not ist, unabhängig von seiner Hautfarbe, Religion oder seiner Stellung in der Gemeinschaft. Es gibt keine Grenzen, wenn es darum geht, wem gegenüber wir Liebe und Mitgefühl zeigen sollten. Mitgefühl geht weit über die Anforderungen des Gesetzes hinaus. Von uns wird sogar erwartet, dass wir unsere Feinde lieben. (Sieh nächster Artikel.)

Die geprügelten Männer und Frauen, denen wir in unserem Leben begegnen, liegen vielleicht nicht halbtot am Straßenrand. Aber so viele Menschen brauchen Liebe und Mitgefühl, sie brauchen eine helfende Hand oder jemanden, der bereit ist, auf ihre Herzensschreie zu hören, damit sie wissen, dass sie wichtig sind, dass sich jemand um sie kümmert. Und wenn Gott dich auf ihren Weg gebracht hat, dann ruft Er dich vielleicht dazu auf, diese Person zu sein.

Jesus hat in diesem Gleichnis die Messlatte für Liebe und Mitgefühl gesetzt, und Seine Schlussworte an dich und mich, die Zuhörer von heute, lauten: „Nun geh und mach es genauso.“

Artikel von hier

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Marie Story schrieb zu diesem Gleichnis, eine Geschichte die den Ausreden ein Ende setzt

Die Samariter wurden vom jüdischen Volk allgemein verachtet, und die Juden wollten nichts mit ihnen zu tun haben. Aus diesen Gründen konnte sich unser armer jüdischer Reisender nicht vorstellen, dass ein Samariter überhaupt in Erwägung ziehen würde, ihm zu helfen, nicht, wenn sowohl ein Führer seines eigenen Glaubens als auch ein Führer seiner Gemeinde dies nicht taten.

Auch der Samariter war kein Müßiggänger, sondern hatte zu tun und Dinge zu erledigen. Vielleicht war seine Familie auf die Geschäfte angewiesen, die an diesem Tag erledigt werden mussten. Vielleicht hatte er einen Termin, zu dem er pünktlich sein musste.

Wenn man darüber nachdenkt, hätte der Samariter die beste Ausrede, nicht anzuhalten. Und doch tat er es. Er hielt an, kümmerte sich um den Verwundeten und brachte ihn auf seinem eigenen Esel zur nächsten Herberge, wo er bis zu seiner Genesung versorgt werden konnte. Aber er ging sogar noch weiter. Er nahm zwei Silbermünzen aus seiner eigenen Tasche und bezahlte den Gastwirt für die Versorgung des Verwundeten und sagte dann: „Wenn das nicht reicht, bezahle ich den Rest auf dem Rückweg.

Der Samariter beschloss, „seinen Nächsten zu lieben“, auch wenn es schwierig oder unbequem war oder ihn persönlich etwas kostete. In diesem Fall war sein Nächster wohl sein Feind. Er entschied sich dafür, „seinen Feind zu lieben und Gutes zu tun und zu leihen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten“ (Lukas 6,35). Er sah über die unüberbrückbaren Unterschiede zwischen ihren Völkern hinweg und streckte die Hand aus, um einem Menschen in Not zu helfen. Er hat trotzdem geliebt.

Er „segnete die, die ihn verfluchten“ (Lukas 6,28). Er beschloss, die Beleidigungen und unfreundlichen Worte zu ignorieren und liebte trotzdem.

Er „tat denen Gutes, die ihn misshandelt hatten“ (Matthäus 5,44). Obwohl er feindselig behandelt wurde, obwohl er verachtet war und herablassend behandelt wurde, hat er trotzdem geliebt. Und Jesus sagte, dass dadurch „euer Lohn groß sein wird, und ihr werdet Söhne des Allerhöchsten sein“ (Lukas 6,35).

Diese Geschichte ist eine Herausforderung für uns heute. Würden wir dasselbe tun?

Es ist leicht, sich nicht verpflichtet zu fühlen, jemanden lieben zu müssen oder ihn nicht als unseren Nächsten zu betrachten. Wir neigen dazu, zu glauben, dass wir nur begrenzt Liebe geben können und dass es zu viel verlangt ist, jemanden außerhalb unserer Familie, unseres Freundeskreises oder der Menschen, für die wir uns verantwortlich fühlen, zu lieben.

Indem er diese Geschichte erzählte, nahm Jesus uns im Grunde alle Ausreden, die wir vorbringen könnten, um andere nicht zu lieben und ihnen nicht zu helfen. Er sagte uns, dass unser Nächster nicht nur die Person ist, die neben uns wohnt, sondern jeder, dem wir begegnen und der in Not ist.

Jesus sagte nicht: „Liebe deinen Nächsten, doch nur, wenn er auf derselben Seite steht wie du.“ Er sagte nicht: „Liebe deinen Nächsten, aber nur, solange er deiner Volksgruppe, Nationalität und Religion angehört.“ Er sagte nicht: „Liebe deinen Nächsten nur, wenn er in deinen Freundeskreis passt und es akzeptabel ist, das zu tun.“

„Liebe deinen Nächsten“, sagt Jesus. Punktum. Kein wenn oder aber, keine Ausreden.

Er sagte uns, wir sollten lieben, trotz aller Schwierigkeiten in unserem Leben und der Unannehmlichkeit, die es mit sich bringt, jemandem in Not zu helfen. Wir sind aufgerufen, auch dann zu lieben, wenn wir verletzt oder misshandelt wurden – denn das ist die Art, wie er liebt. Und die einzige Möglichkeit, so zu lieben, wie Jesus liebt, ist, dass seine Liebe und sein Heiliger Geist in uns wohnen.

Jesus schenkt uns seine Liebe umsonst und möchte, dass jeder Mensch sein kostenloses Geschenk der Erlösung empfangen möge und in das Reich Gottes eintreten möchte (Johannes 3,16). Er liebte jeden von uns so sehr, dass er sein Leben für unsere Erlösung und die Vergebung unserer Sünden gab. Er erwartet keine Perfektion, und er verweigert uns seine Liebe nicht, wenn wir sie nicht verdienen. Er vergibt uns jedes Mal, wenn wir versagen und das Ziel verfehlen, und er liebt uns trotzdem weiterhin. So wie wir Jesu Liebe umsonst empfangen haben, sollten wir seine Liebe und Wahrheit umsonst mit anderen teilen (Matthäus 10,8).

– Aus einem Just1Thing-Podcast, einer christlichen Ressource zur Charakterbildung für junge Menschen.

Der nächste Artikel gehört nicht zu den Gleichnissen, doch ist er wie eine Fortsetzung zum Guten Samariter. Damit lehrte Jesus direkt, was von uns erwartet wird, um ein guter Nächster unserem Nachbarn zu sein.

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