Die Geschichte vom reichen Mann und Lazarus im Lukasevangelium vergleicht das Leben zweier Menschen – der eine reich, der andere arm – und reicht über dieses und das nächste Leben hinaus. Jesus beginnt das Gleichnis mit der Beschreibung des reichen Mannes.
„Es war einmal ein reicher Mann, der prachtvoll gekleidet war und jeden Tag im Luxus herrlich und in Freuden lebte. – Lukas 16,19
In dieser kurzen einleitenden Beschreibung wird nicht viel gesagt, aber die ursprünglichen Zuhörer werden daraus einige eindeutige Eindrücke gewonnen haben. Dieser Mann war aber nicht nur reich, sondern kleidete sich auch täglich in purpurnen Stoffen, was sich nur die sehr reichen Leute leisten konnten. Auch trug er feinstes Leinen.
Weiße Leinengewänder unter purpurnen Gewändern zu tragen, zeugt von großem Wohlstand. Außerdem gab er jeden Tag ein üppiges Festmahl, was bedeuten könnte, dass er täglich oder regelmäßig Gäste empfing. Sowohl hier als auch später in der Geschichte geht es darum, dass der Mann sehr reich, doch ziemlich selbstsüchtig war.
„Vor seiner Tür lag ein kranker Bettler namens Lazarus. Sein Körper war voller Geschwüre und begehrte sich zu sättigen von dem, was von des Reichen Tisch fiel. Um ihn herum strichen die Hunde und leckten seine Geschwüre.“ – Verse 20-21
Entsprechend der Kürze der Gleichnisse sind auch die Informationen über Lazarus spärlich. Ein herausragender Punkt ist jedoch, dass sein Name genannt wird. Dies ist das einzige Gleichnis Jesu, in dem Personen namentlich genannt werden. Der Name Lazarus ist die griechische Version des hebräischen Namens Elieser oder Elazar und bedeutet „derjenige, dem Gott hilft.“
Lazarus ist so arm, dass er um Essen betteln muss. Außerdem ist er krank, mit eitrigen Wunden übersät und kann nicht laufen. Im Palästina des ersten Jahrhunderts gab es keine staatlichen Dienste, die sich um die Armen kümmerten, so dass diese Hilfe von der Gemeinschaft oder von Einzelpersonen geleistet werden musste. Almosen, d. h. das Spenden von Geld oder Essen an Bedürftige, waren die Hauptgrundlage für das Überleben von Menschen wie Lazarus.
Jeden Tag saß Lazarus am Tor des reichen Mannes, wissend, dass dort täglich ein Festmahl stattfand und dass sein Hunger gestillt werden könnte, wenn man ihm nur etwas von dem Essen gäbe, das vom Tisch auf den Boden fiel. Zudem kamen Hunde und leckten Lazarus eitrige Wunden. Die meisten Bibelkommentatoren gehen davon aus, dass es sich bei den Hunden um schmutzige, räudige Straßenhunde handelte.
Lazarus war in einem erbärmlichen Zustand – er konnte nicht gehen, war mit Wunden bedeckt, ständig hungrig und saß Tag für Tag bettelnd vor dem Tor des reichen Mannes, der ihn offenbar ignorierte. Er war ein rituell unreiner sozialer Außenseiter.
Im Gleichnis heißt es weiter: „Schließlich starb der Bettler und wurde von den Engeln zu Abraham getragen. – Vers 22
An Abrahams Seite oder in Abrahams Schoß zu sein, wie es manchmal übersetzt wird, drückte den gesegneten Zustand nach dem Tod aus und wurde mit dem Essen mit den Patriarchen verglichen, wie in Matthäus 8,11 zu lesen ist: „Viele Menschen werden aus der ganzen Welt herbeiströmen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen.“
Lazarus, der nie zum Festmahl des reichen Mannes eingeladen war, der sich mit dem begnügen musste, was vom Tisch des reichen Mannes herabfiel, sitzt nun bei einem Festmahl an einem Ehrenplatz neben Abraham, dem Vater des Glaubens. Der reiche Mann hingegen erlebt ein ganz anderes Schicksal.
„Auch der reiche Mann starb und wurde begraben, und seine Seele kam ins Totenreich [in den Hades]. Während er dort Qualen litt, sah er in großer Entfernung Lazarus bei Abraham.
Der reiche Mann rief: ‚Vater Abraham, hab Mitleid mit mir! Schicke mir Lazarus, damit er seine Fingerspitze in Wasser taucht und mir die Zunge kühlt, denn ich leide entsetzliche Qualen in diesen Flammen.‘“ – Vers 22-24
Der namenlose reiche Mann ist gestorben und wurde begraben, zweifellos mit einer teuren Bestattung. Doch seine Existenz ist nun eine ganz andere als zu seinen Lebzeiten auf der Erde. Er, der täglich mit reichlich Essen und Wein geschlemmt hat, ist nun derjenige, der in Not ist und auf die Hilfe anderer angewiesen ist. Er rief zu Abraham aus, nannte ihn „Vater“, vielleicht in der Hoffnung, dass die Erinnerung an seine jüdische Abstammung Abraham auf irgendeine Weise dazu verpflichten würde, ihm zu helfen.
An dieser Stelle des Gleichnisses wird die überraschende Entdeckung gemacht, dass der reiche Mann Lazarus Namen kannte und sich offenbar bewusst war, dass Lazarus täglich vor seinem Haus in verzweifelter Not saß. Er zeigt jedoch keine Reue über seine Vernachlässigung von Lazarus; stattdessen weist er Abraham an, Lazarus zu schicken, um ihm einen Dienst, wie ein Diener, für zu verrichten.
„Doch Abraham sagte zu ihm: ‚Sohn, erinnere dich, dass du in deinem Leben alles hattest, was du wolltest, während Lazarus nichts hatte. So wird er jetzt hier getröstet, und du leidest.‘“ – Vers 25
Abraham antwortet nicht barsch, sondern nennt ihn „Sohn“. Er weist den reichen Mann an, an sein Leben zurückzudenken das er führte, und an all die guten Dinge, die er erhielt, im Gegensatz zu den schlechten Dingen, die Lazarus erlebte. Abraham erinnert ihn daran, dass der Reichtum, den er besaß, nicht wirklich ihm gehörte, er war eine Leihgabe von Gott, die er weise hätte nutzen sollen. Jetzt ist sein irdisches Leben zu Ende, und wegen seiner Handlungen in diesem Leben ist er jetzt derjenige, der leidet.
Lazarus hingegen wird nun getröstet. Er hat ein schweres Leben hinter sich und leidet nicht mehr unter Schmerzen und Qualen. Er wird nicht mehr vernachlässigt. Er hat nach seinem Tod dauerhaften Trost gefunden.
Dann sagte Abraham: „Außerdem trennt uns eine tiefe Kluft voneinander. Wer von hier zu euch gelangen will, wird durch diesen Abgrund daran gehindert, und ebenso kann von euch niemand hier herüberkommen. – Vers 26
Selbst wenn Lazarus aus Mitleid seinen Finger ins Wasser tauchen und die Zunge des reichen Mannes kühlen wollte, wäre das unmöglich gewesen.
Lazarus hätte durchaus das Recht gehabt, darauf hinzuweisen, wie lächerlich es war, dass der reiche Mann darum bat, ihn zu schicken, um seine Schmerzen zu lindern. Hatte Lazarus nicht täglich Schmerzen an der Tür des reichen Mannes gehabt und nichts bekommen? Doch Lazarus sagt nichts, wie es durch das ganze Gleichnis hindurch der Fall ist.
Der reiche Mann denkt sich dann eine neue Aufgabe für Lazarus aus. „Bitte, Vater Abraham, schicke Lazarus zum Haus meines Vaters. Denn ich habe fünf Brüder und möchte sie vor diesem Ort der Qual warnen, damit sie nicht hierher kommen müssen, wenn sie sterben. – Verse 27-28
Als der reiche Mann erkennt, dass sich seine Lage nicht ändern lässt, bittet er darum, Lazarus zu senden, um seine Brüder zu warnen. Er sieht, dass ihnen das gleiche Schicksal bevorsteht, wahrscheinlich weil sie genauso leben wie er, indem sie ihrem eigenen egoistischen Vergnügen nachgehen, ohne sich um diejenigen zu scheren, die in Not sind.
„Doch Abraham sagte: ‚Mose und die Propheten haben sie gewarnt. Deine Brüder können jederzeit auf sie hören, wenn sie es wollen.‘“ – Vers 29 Abraham entgegnet, dass die Heiligen Schriften, Gottes geschriebenes Wort, ausreicht, um seine Brüder in einem rechtschaffenen Leben und Glauben zu unterweisen. Wenn sie diese Worte hören und ihnen gehorchen und folgen, wird es ihnen nicht so ergehen wie ihrem verstorbenen Bruder.
Diese Antwort gefällt dem reichen Mann ganz und gar nicht. Er ist es gewohnt, dass Leute tun, was er sagt. Seine Antwort geht ins streitsüchtige über. Er wendet ein: „Nein, Vater Abraham! Wenn aber einer von den Toten zu ihnen geschickt wird, dann werden sie umkehren und sich von ihren Sünden abwenden. – Vers 30
Das ist paradox, wenn man bedenkt, dass der reiche Mann selbst in diesem Moment jemanden „von den Toten“ sieht, Lazarus, der mit Abraham am Tisch sitzt, aber kein Zeichen der Reue zeigt. Dennoch ist er überzeugt, dass seine Brüder Buße tun würden, wenn Lazarus ihnen erscheinen würde.
Abraham lässt ihn wissen, dass das nicht der Fall ist. „Wenn sie nicht auf Mose und die Propheten hören, dann werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.“ – Vers 31
Der reiche Mann bittet darum, dass seinen Brüdern ein Zeichen gegeben wird. Es ist klar, dass der reiche Mann wusste, dass seine Brüder nicht im Gehorsam gegenüber dem lebten, was Gottes Wort lehrte und dass sie in demselben Zustand enden würden wie er, wenn sie nicht ein Zeichen erhielten. Aber Abraham sagt, dass ihnen kein Zeichen gegeben würde, da ihnen Gottes Wort zur Verfügung stand und das genügte. Sie wussten genug aus den Heiligen Schriften, um zu wissen, was Gott darüber sagt, wie man rechtschaffen lebt und wie man die Armen behandelt.
Viele von denen, zu denen Jesus sprach, hätten zunächst angenommen, dass der reiche Mann von Gott gesegnet war und Lazarus gerichtet wurde, da sie glaubten, dass Wohlstand Gottes Segen und das Fehlen von Wohlstand Gottes Gericht sei. Jesus wollte damit zum Ausdruck bringen, dass dies nicht unbedingt der Fall ist. Reich zu sein ist nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass jemand Gottes Segen erhalten hat oder rechtschaffen ist; ebenso wenig werden diejenigen, die weniger haben oder unter Krankheit oder Armut leiden, von Gott gerichtet.
Das Gleichnis zeigt den Wohlhabenden auch, wie sie sich nicht verhalten sollten. Der reiche Mann wusste von Lazarus und seinen Bedürfnissen, war aber ihm gegenüber desinteressiert. Er unternahm nichts, um ihm zu helfen, obwohl er eindeutig die Mittel dazu gehabt hätte. Es ist so einfach, wegzuschauen, wenn man einen Bettler sieht, besonders wenn er unansehnlich ist, wie in diesem anschaulichen Beispiel, das Jesus von Lazarus‘ eiternden Wunden gibt, die von Hunden abgeleckt werden. Anstatt einen Menschen zu sehen, der nach Gottes Ebenbild geschaffen ist und den Gott liebt, ist es einfacher, ihn zu meiden oder wegzuschauen, ihm gegenüber gleichgültig zu sein. Als Christen sollen wir mit Liebe und Mitgefühl reagieren, wenn wir den Zustand der Bedürftigen sehen.
Jesus benutzt in diesem Gleichnis einen reichen Mann als schlechtes Beispiel, um die Gefahr zu verdeutlichen, die entsteht, wenn Reichtum und Besitz die eigene Einstellung negativ beeinflussen. Es geht darum, welchen Stellenwert wir unserem Besitz beimessen und darum, wie wir sie nutzen. Dienen wir unserem Geld und unserem Besitz, oder nutzen wir sie zur Ehre Gottes?
Leben wir ein selbstsüchtiges Leben wie der reiche Mann in diesem Gleichnis, oder helfen wir anderen? Selbst wenn wir nicht genug haben, um finanziell viel zu geben, tun wir, was wir können, um denen zu helfen, die in Not sind, vielleicht indem wir etwas von unserer Zeit oder Aufmerksamkeit geben oder auf andere Weise helfen, ihre Not zu lindern? Wie ist unsere Haltung gegenüber den Armen und Bedürftigen? Sind wir gleichgültig? Schauen wir auf sie herab? Verurteilen wir sie, weil wir meinen, sie hätten es verdient, in dieser Situation zu sein? Oder zeigen wir in unserem Handeln Anteilnahme, Mitgefühl und Fürsorge?
Das Gleichnis warnt auch davor, Gottes Wort zu ignorieren oder abzulehnen. Der reiche Mann hatte entweder keinen Glauben oder einen falschen Glauben. Er wusste, dass seine Brüder in der derselben Lage waren. Er bat um ein Zeichen für sie, aber Abraham sagte, es würde kein Zeichen geben, weil Gottes Wort ihnen zur Verfügung stünde. Gott zog den reichen Mann zur Rechenschaft, weil er Zugang zu Gottes Wort hatte, aber nicht danach lebte, was sich darin zeigte, dass er die Armen nicht im Einklang mit der Heiligen Schrift behandelte.
Wie wir unser Leben leben, beeinflusst unsere künftige Zukunft. Unser Handeln oder Nichthandeln beeinflusst nicht nur unser heutiges Leben, sondern auch unser Leben in der Ewigkeit. Wir sollten darauf achten, welche Entscheidungen wir treffen, wie wir leben, wie wir mit unserem Geld und unserem Besitz umgehen und wie wir Menschen in Not behandeln. Die Summe unserer Entscheidungen, Wahlmöglichkeiten und Handlungen machen uns nicht nur zu dem, was wir heute sind, sondern beeinflussen auch unsere Zukunft im Leben danach.
Als Christen sind wir von vielen umgeben, die nicht glauben oder erkennen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt.
Sie verstehen vielleicht nicht, dass der Glaube an Gottes Wort und die Erlösung durch seinen Sohn Jesus ihr Leben jetzt und in der Ewigkeit verändern wird. Unsere Aufgabe ist es, unseren Reichtum an geistlicher Wahrheit mit ihnen zu teilen. Wir sollten nicht wie der reiche Mann in dem Gleichnis sein, der sich mit seinem geistlichen Reichtum den er hat zufrieden gibt und an den „Lazarussen “ dieser Welt vorbeigeht, die so schrecklich bedürftig sind, vielleicht nicht so sehr physisch, sondern vor allem geistlich.
Als Christen besitzen wir alle das Wertvollste, was ein Mensch haben kann – das ewige Leben und eine persönliche Beziehung zu dem, der es möglich macht, Jesus. Um uns herum gibt es unzählige Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, die verzweifelt in Not sind, und wir haben den geistlichen Reichtum des Glaubens, des Heils und der tiefen Liebe Gottes, die wir mit ihnen teilen können. Wir sind aufgerufen, unser Bestes zu geben, um ihnen Trost und Heil zu bringen.
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